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rebirth
A FLIPPING BUDJUNKY

(Eigenvertrieb) (26.04.2009)

Electronic-Dub Debut des Düsseldorfers LARS ZIEGLER.

Vorab: 'rebirth' als Titel neigt dazu, falsche Erwartungen zu schüren, mit Ambient und Esoterik hat das Album wenig zu tun. 
'Rebirth' beginnt als ein spaciges Electro-Dub-Album, das sich zunehmend in die Sphären von Dubstep- und Minimal-Electronica entwickelt. So spielen Rhythmusmaschinen nur eine marginale Rolle, Soundarrangements diktieren den Rhythmus - reduzierter Space-Dub eben. 
Die (Voice)-Samples sind nett gewählt, einige Strecken bieten pfundige Dubs, gelungene Arrangements, mitunter tiefe Bässe. Andere Passagen sind zu effektverliebt, dann doch erkennbar homemade, gelegentlich an den Warp-Records Style gemahnend. 

Das Album ist mit 70 Minuten definitiv zu lang, die Unterschiede von kraftvollen zu mitunter belanglosen Tracks zu bemerken - da hätte es die sortierende Hand eines Labelchefs gebraucht. Ansprechendster Titel ist 'let me be there', das ob seines fluffigen, fast poppigen Arrangements aus der Gesamterscheinung wiederum herausfallen scheint.

Alles in allem ist 'rebirth' ein bemerkenswertes, eigenwilliges Debut in Dub, welches das musikalische Talent seines Erzeugers durchaus schillernd aufscheinen lässt.   

Free download on: www.budjunky.de/home.php


BG


arocketindub_ifmusiccouldtalk if music could talk
A ROCKET TO DUB

(
Italic/EfA) (06.06.2003)

Der Kölner Dancefloor-Aktivitist STEFAN SCHWANDER zeigt mit seinem Projekt A ROCKET IN DUB auf, wie ein selbstverständlicher Umgang mit Dub-Techniken in den grenzüberfließenden Bereichen House, Disco und Techno 2003 klingen darf und soll.

Das Eingangsstück, ein besonders spartanisch geprägter House/Dance-Impulsgeber eines insgesamt eher minimalistisch geprägten, dennoch kurzweiligen und munter tanzbaren Werks, mag zunächst noch das geneigte Dub-Ohr verschrecken, aber im Laufe der CD (Tracklisting: 'rocket # 1' - 'rocket # 8') zog doch einiges an gut getrimmten Material in Ohr und Beine. Ein Tonträger wie zum Beweis für tanzfreudige Dub-Heads, die sich noch einmal umdrehen und laut in die House, Disco und Techno-Ecke rufen dürfen: More Dub!


dub showcase
ABASSI ALLSTARS

(Universal Egg/Cargo) (30.03.2007)
ab-10 meets the uptown selector
AB-10/ UPTOWN SELECTOR

(Dub Flash/Eigenvertrieb
) (01.04.2004)

Kein 'Soundclash', sondern eine Split-LP zweier finnischer Dub Acts aus Helsinki. Beide Acts sind noch jung und haben 2003 ihre Debut-CDs in Finnland veröffentlicht. Vier Tunes von AB-10 - die auch auf dem 'Dub Solidarity'-Sampler (Dubhead/Indigo) vertreten waren - auf der A-Seite, vier Tunes von UPTOWN SELECTOR auf der B-Seite.  
'Very deep and dark dub styles as you would expect from the ice-cold Scandinavian countries' (Labelinfo).
Vinyl only.





Dub-Aroma of the season Winter 2005
in dub
AFRICA UNITE
(Echo Beach/Indigo) (07.03.2005)

Die italienische Reggae-Band AFRICA UNITE aus Turin existiert bereits seit 1981. Ihren Namen entnahmen sie einem Titel BOB MARLEYs, der in jenem Jahr verstarb. Mit einem Oevre von inzwischen neun Alben legen sie nun als zehntes ein Dub-Album vor, bei dem MAD PROFESSOR hinter dem Reglerpult stand.

Die ersten vier Stücke können dem geneigten Reggae & Dub-Hörer bereits vertraut vorkommen: Der Opener ist eine kraftvoll eingespielte wie zärtlich vorgetragene Version von BOB MARLEY´s 'is this love'. Das zweite war der geniale Opener des Samplers KING SIZE DUB 2, gefolgt von 'crazy baldub', einer Version von MARLEY´s 'crazy baldheads', die die neunte Ausgabe der genannten Sampler-Reihe zierte. Und auch 'immobile' kommt mir recht bekannt vor, auf jedem Fall ist es vom Album 'un sole che brucia', das 1995 auf BMG/Ariola in Deutschland erschien.  

Mit den Tracks 5-13 folgt der Kern der Platte: allesamt Songs der Band, die im Ariwa-Studio von MAD PROFESSOR entschlossen in die Dub-Mangel genommen worden sind. Überragende Ergebnisse sind die wunderbar schwebenden 'mai' (Track 5) und 'colori' (Track 12). 'Il gioco' (Track 6) erinnert ein wenig an MAD PROFESSORs Bearbeitung der MASSIVE ATTACK-Scheibe 'protection'. Die restlichen ausgezeichneten Remixe lassen sehr die Vielseitigkeit der Band durchscheinen. AFRICA UNITE´s Charakter wird zwar vom Reggae dominiert, die Band arbeitete jedoch  undogmatisch Dancefloor-, Funk-, Jazz- und Rockeinflüsse stets ein. 
Lediglich zwei Mixe bleiben etwas fragmentarisch; insgesamt wirkt die Arbeit MAD PROFESSORs sehr aufmerksam wie einfühlsam.

Es folgt ein phantastischer zwölfminütiger Live-Mix von MADASKI & MAFFIA, sowie die MARLEY-Nummer 'rebel music'. Abgeschlossen wird die 80-minütige CD von einem bizarren, irgendwie als dub vs. dancehall wirkenden Soundclash namens 'africa dubwise stylee live'.

Respekt! Eine achtköpfige, handwerklich brillante Reggae-Band aus Italien, die ein solches Abenteuer nach über 20-jähriger Zusammenarbeit mit  dem oft verwegen mixenden MAD PROFESSOR einfädelt... Diese Begegnung ist hier im Ergebnis mehr als überzeugend gelungen. 

Die CD weist außerdem ein sehr schönes Booklet auf. Die Auflage ist limitiert und durchnummeriert.

african dope soundsystem
AFRICAN DOPE SOUNDSYSTEM

(African Dope/Al!ve) (14.03.2005)

Nach der vorzüglichen, brillanten LP 'muti media' der KALAHARI SURFERS und dem atmosphärischen, bestens zusammengestellten Sampler 'THE SOUND OF DUB - SOUTH AFRICA IN DUB' ist dies die dritte internationale Veröffentlichung des Kapstadter Labels.

Erwartungen an ein dubbiges, von wummernden Bässen vorangetriebenes Sound System verflüchtigen sich leider schon schnell. Vielmehr ist diese Veröffentlichung ein Anliegen des sympathischen Labelchefs DJ DOPE, einer großen Zahl an Dancehall-Shoutern der Kapstadter Szene - die aktuelle südafrikanische Pop-Musik spielt sich fast nur in Kapstadt ab - ein Forum zu geben.
Die gesangliche Exaltiertheit steht bei fast allen versammelten Begeisterten der jamaikanischen Szene kaum nach; die musikalische Phantasie und das Potenzial ihrer instumentellen Entwicklung bleibt jedoch meinem Empfinden nach jamaikanischen Originalen zumindest streckenweise eher unterlegen. 

Eine passende Wertung soll Dancehall-Kennern überlassen bleiben - bleibt zu erwähnen, dass sich mit 'pump da systym' von JUAN THYME ein extrem abfahrender, elegant entwickelter und sich unbändig verändernder Dub-Tune auf dieses Album verirrt hat. 

AFRICAN DOPE SOUNDSYSTEM ist also eher ein Sampler als ein Projekt, ein an Typen vielfältiges Abbild der südafrikanischen Dancehall-Szene.        

songs of praise
AFRICAN HEAD CHARGE
(On-U Sound/EfA) (1990)
shrunken head
AFRICAN HEAD CHARGE

(
On-U Sound/EfA) (27.06.2003)

AFRICAN HEAD CHARGE sind wieder im On-U Sound-Boot, wie uns diese Veröffentlichung beweist.  
Als 'best of'-Compilation ausgewiesen, ist 'shrunken head' aber eher ein interessanter Querschnitt ihres Schaffens, der vielleicht absichtlich chronologisch nicht lesbar sein will. Was bedeutet schon Zeit für eine Band, deren gesamtes Oevre einer zeitlosen Aktualitätsdiskussion standzuhalten fähig ist? 

Die mittlerweile 23-jährige Geschichte der Band, die stets vorzüglich auf musikalischste Weise afrikanische Mystik mit modernen Dub-Techniken zu verbinden verstand und dabei auch eine kräftige Prise Voodooism ins Spiel brachte, verließ irgendwann nach der EP 'touch I' 1994 die Dub-Zusammenarbeit mit On-U Sound. Sie veröffentlichte mit 'akwaaba' 1996 ein afrika-orientiertes Album ohne Zutaten angloamerikanischer Herkunft. Danach wurde zumindest in Deutschland nichts Aktuelles mehr von Ihnen veröffentlicht. 

Mit 'shrunken head' soll nun ein Boden für eine neue Aktualität der Band geschaffen werdens. Ein neues Werk der Band ist für Anfang 2004 angekündigt. Kredits und Aufmachung sind ja ganz nett, aber wenig hilfreich, um die Stücke werkgeschichtlich zuzuordnen. Immerhin: Die älteren Stücke aus den 80ern sind soundtechnisch prima aufpoliert worden.
Einen Schlüssel zu 'shrunken head' deshalb nachfolgend von
Dub-O-Rama: Track 2 ist unveröffentlicht aus der 'in pursuit of shashamane land'-Zeit, Track 3 eine Single B-Side in hungrigem Dub-Mix aus der gleichen Phase. Track 6 und 8 sind neu. Die restlichen Herkünfte in Zuordnung zur Band-Discographie:

my life in a hole in the ground (1981): Track 14
environmental studies (1982): Track 9
drastic season (1983): Track 15, 16
off the beaten track (1986): Track 7, 11, 13
songs of praise (1990): Track 10, 12, 17
live - pride and joy (1991): none
in pursuit of shashamane land (1993): Track 1, 4, 5
touch I - ep (1994): none
akwaaba (1996): none
drums of defiance (Prof. Stretch-Remix, 1997): none.

Eine Zusammenstellung aus einem solchen Werk ist freilich Geschmackssache: Auf jeden Fall fehlt dem Rezensenten 'animal law', das am Charismatischsten in der Remix-Version des 'Pay It All Back 5'- Samplers von 1995 daherkam.

  inevitable
AL HACA SOUNDSYSTEM

(
Different Drummer/EfA) (24.10.2003)

Schon der Bandname ist ein Spiel mit der Lust, Verwirrung zu stiften: Weder CHRISTIAN 'MCC' SCHWANZ, ARND WOLLMANN, ALEXANDER PEHLEMANN oder OLIVER 'RITA' WEISSE sind orientalischer Herkunft oder versuchen hier, entsprechende Botschaften bzw. Sounds, wie es manche französische Dub-Acts gerne machen, über die musikalische Form des Dub transportieren zu wollen. Und: Um ein fulminantes Soundsystem handelt es sich auch nicht. 
Vielmehr scheinen die von düsteren Electro-Acts wie APHEX TWIN beeinflussten Greifswalder zu versuchen, einen Begriff der Hölle des Rügenwalder Erwachsenwerdens verbreiten zu wollen.

Die jungen Herren verfügen definitiv über ein enormes Selbstbewusstsein und Charisma: 
Einen Vertrag mit dem stylish eher dubsouljazzhousigen Different Drummer-Label haben sie gedealt, einem Label, das bisher noch nicht mit düsterer Elektro-Experimentierlust aufgefallen ist. Sie geben ihrem Werk den Titel 'inevitable' (zwangsläufig), um dem Werk in Interpretation jede auf Spiel und Koketterie hinzielende Note zu unterdrücken. Sie gewinnen ausgezeichnete Leute aus dem Dancehall-Umfeld, unter anderem den umtriebigen SIZZLA (der wie die Band keine Gelegenheit auslässt, Verwirrung um seine Orientierung und Vorlieben zu stiften). Er leistet  hier auf 'break the silence' einen kraftvollen Auftritt als "Wahnsinniger" mit der Sehnsucht eines Verfolgten nach Stille und Seelenreinigung. Auf weiteren Tracks an den Vocals: RAS MC T-WEED, HE-MAN, RQM und andere. 
Lustvoll ausgeprägt gestaltete Beats und gefällig-antörnende Sounds tauchen auf 'inevitable' nur selten auf. seltsam furzige Bässe übernehmen oft den Beat, denen quasi ausgelachte wie unterdrückte Fellschläge im Off folgen (no one has to rave on our music?)! Dunkel wabernde, einfach gestaltete Synthi-Strings wehen wie Vorhänge in B-Horrormovies. 
Die Vielzahl der erlesenen einbezogenen Shouter verbreiten in einem meist kaum verständlichem Slang individuelles Aufbegehren, ganz im Sinne des Dancehalls: Soziokulturelle oder gar politische Lesarten sind inhaltlich kaum zu erkennen.  
So sind 'inevitable'-sinnstiftend vor allem die gesammelten, elektroschrägen CD´s der AL HACA´s mit ihrem Einfluss auf die Bandausrichtung (PEHLEMANN ist übrigens beim ZONIC-Magazin auch journalistisch tätig).
Mit dem rein instrumentalen 'uckeritz dub' folgt als zwölfter von 15 Tracks vielleicht gar eine Einladung zur Konfrontation des Hörers mit einer bandinternen Interpretation des Dub. 
Nach den bis dahin nur wie unter ferner laufend eingewobenen Dubs reizt hier die Interpretation, die aktuelle Dub-Music als impressionistische, träumerische Spielerei zu betrachten. Vielleicht ein falscher Eindruck, denn zwei Clicks weiter folgt mit 'libation', mit einem wohlaufgelegt erzählenden RAS MC T-WEED, ein prächtig starkes Night-Dub-Stück und wirkt fast wie ein Schulterschluss zu ihren Labelkollegen NOISESHAPER.

Mit ihrem streckenweise trockenen Elektro-Minimalismus und den aggressiven Shoutings ihrer Gastinterpreten trifft hier Dub auf Elektro-Fans: Sinnliche Handwerker in einem gefährlich wirkenden Gefühls-Blues-Sumpfgelände. Wie Megaphone aufgesetzt: Die hier im Dunkeln wirkenden Shouter, meist aus einer doch sonst helleren Dancehall-Szene, mit ihren jeweils besonderen Zooms. 

let there be dub
ALDUBB

(One Drop) (December 2009)

Endlich: ALDUBB auf Albumlänge! Musste ja auch irgendwann mal an die Reihe kommen: nach flott aufeinanderfolgenden Vinyl-Singles geht es nun mit etwas über 77 Minuten (!!!) auf CD zu einer Art Labelschau. Programmatisch nennt der Dubvizzard aus Berlin die Zusammenstellung "Let There Be Dub" und beginnt den Reigen mit dem gleichnamigen Tune von der "Free Sensimilla Now"-10 Inch, bei dem RAS PEREZ gottgleich den Beginn des Genres verkündet. Besser kann ein Einstieg gar nicht sein, wird hier die Essenz des Dub wortgewaltig destilliert und quasi als Fingerzeig in Richtung der folgenden 17 Tracks geschleudert. Die wurden alle während der letzten vier Jahre in den Planet Earth Studios aufgenommen. Mag sein, dass durch den langen Zeitraum die hörbare Vielseitigkeit entstand, kann aber auch einfach sein, dass sich Aldubb nicht gerne in eine Schublade stecken lassen möchte. Reicht ja auch schon, wenn das facettenreiche Etikett Dub am Schrank klebt! Und hier fühlt sich der in Berlin lebende Artist zu Hause: ob mal mehr in Richtung Ambient/elektronische Musik, wie z.B. bei "Dark Matters" oder "Dubnium", dann wieder eher klassisch gemixter Rootsdub bis hin zu Spuren von Dubstep in Form von brachialen Bässen, die vor allem beim finalen "Free Sensimilla Now" feat. ALCAPONE JJ das Haus erschüttern! Die Bandbreite ist enorm. So auch die der beteiligten Artists am Mikrophon. Immer wieder gerne gehört ist die zauberhafte Stimme von Kaya T. Nuwella Love und Caster begegnen mir hier zum ersten Mal. Die Namen muss man sich unbedingt merken. Selbstverständlich ist JAH SEAL mit seinem eigenwillig ruhigen und dadurch markanten Gesang ebenfalls mit von der Partie. Ras Perez tritt insgesamt drei Mal in Erscheinung und den Abschluss bildet, wie schon geschrieben, Alcapone JJ. Die Zwischenräume garnieren instrumentale Kompositionen. Neben bereits bekannte Tunes der vergangenen Singles hat Aldubb auch neuere bzw. ältere, unveröffentlichte Produktionen gestellt. Für Insider gibt es also ein nettes Wiederhören mit alten bekannten, aber immer auch neue Entdeckungen zu machen. Für Neueinsteiger eröffnet sich die ganze Bandbreite des Schaffens von Aldubb! 

Karsten Frehe

jo-delay
ALPENDUB

(www.alpendub.net) (Sommer 2004)

Da kommt ein Musiker namens ROB CUMMINGS aus Vancouver nach Berlin, um Dub mit bayrischer Folklore total relaxt zusammen zu führen. Das Ergebnis ist überraschend und sehr schön: Es umschifft galant das Gehabe um Szene-Identitäten und Rollenmodelle beider Seiten: Das auf Hochglanz gewaschene Weiß-Blau hier und jeglichen Szene-Jargon dort.

Mit ähnlichem Spiel arbeiteten bereits die FREIWILLIGE SELBSTKONTROLLE zwischen Neuer Deutscher Welle und bayrischer Volksmusik; HAINDLING operierte mit Dubs bereits manchen textlichen Kunstgriff begleitend.
Das Projekt ALPENDUB ist nach kurzer Experimentierphase schnell zu einer fünfköpfigen Combo zusammengewachsen. Mundharmonika, Zither und Jodels/Gesang der vorzüglichen KUTZKELINA geben dem Projekt ein faszinierendes Gesicht: Da wird eine Fahrkartenkontrolle in 'die schaffnerin' zur erotischen Koketterie sowie ein Bezug zu den Mythen des Blues über eine betont blue-notige Mundharmonika hergestellt; das von einer Zither bestimmte 'der Weg zum Herzen' zur alpinen Kaminfeuerromantik, während seitlich die Dub-Effekte reinröhren. Es dubbt der Sepp, die Sennerin wird zum Lolita-Vamp, und ein herzlicher Charme durchzieht das faszinierende Album, das komplett unter o.a. Adresse downloadbar ist. 

Wer immer noch misstrauisch ist, kann sich das aufschlussreiche Interview auf Irieites durchlesen:
www.irieites.de/interviews/alpendub.htm  

Auf jeden Fall ist 'jo-delay' die beste deutsche Dub-Veröffentlichung des Jahres 2004!

   
trample the eagle and the dragon and the bear
ALPHA & OMEGA

(Greensleeves/Rough Trade) (28.02.2005)

Nach gut fünfzehn Jahren im Biz und über zwanzig (!) bisher veröffentlichten Alben gelingt ALPHA & OMEGA mit 'trample the eagle and the dragon and the bear' ein Quantensprung allererster Güte. 

Dafür haben auch illustre Gäste gesorgt: LEE 'Scratch' PERRY, MAD PROFESSOR, GREGORY ISAACS, BUNNY LIE LIE, REUBEN MASTER und einige andere. Das Album mit dem langen, spirituell gemeinten Titel, dessen Bedeutung mir fremd ist, ist ein recht dunkles, von stetigen Blitzen sehr fuzziger Dubs phantasievoll aufgeleuchtetes Album geworden. Im Tempo ist es recht stoisch, gleichförmig, dem Pulsschlag eines sportlich Ungeübten. 
Ein Showcase-Album, Tunes und Versions im Wechsel, wobei die Tunes schon überaus dubby sind - hier geht es um die Betonungen, die Über- und Unterordnung von Vocals und Dubs im Wechsel. 

LEE PERRY und MAD PROFESSOR bereichern gleich das Eröffnungsdoppel in ihrer bester Weise. GREGORY ISAACS gibt dem zweiten Doppel eine so fein gestimmte Note zwischen Launigkeit, Bestimmungen abgeben und Seele durchklingen lassen, dass es einen erschaudern lässt. 
Doch nicht nur die Gäste begeistern: JOHN SPROSEN hat die Atmosphäre dieses doppelbödigen Dub-Albums noch schwärzer, experimenteller und verwegener gestaltet, CHRISTINE WOODBRIDGE rollt den Bass noch raffinierter und brummender als früher in die Dub-Brandungen hinein.

Faszinierend ist die spirituell durchwirkende mystische Kraft, die dieses Album beseelt. sein musikalischer Erfindungsgeist im klassischen Off-Beat-Pool.   

Allerdings kann ich das radikale Bekenntnis von ALPHA & OMEGA zum Rastafaritum weniger nachvollziehen: Eine deutlichere Betonung einer sozialkritischen wie religiös offener wirkenden Note stünde dem aus der weißen, englischen Mittelklasse entstammenden Duo nicht schlechter an!
Eine kritische Note, die sich allerdings lediglich auf die textliche Gestaltung des Albums bezieht.

Das sehr einladende Cover, zwei Turntables in altrömischem Mosaikstil gelegt zeigend, ist so brilliant, dass man die Vinylausgabe des Albums trotz zweier weniger Tracks bevorzugen möchte.

'Trample the eagle and the dragon and the bear' ist kreativ und technisch absolut auf der Höhe der Zeit, geistig und stilistisch aber konservativ der jamaikanischen Dub-Tradition verpflichtet. Als ein solches Unikum ist es in dieser Gewichtsklasse vielleicht das bisher Gewichtigste seit 2000. 

 
spirit of the ancients
ALPHA & OMEGA

(
Greensleeves/Zomba) (20.10.2003)


visions in sonic sense
ANALOGUE MINDFIELD

(Malicious Damage/Cargo) (14.11.2008)

CHESHIRE CAT von LEFTFIELD nennt das, was ANALOGUE MINDFIELD seit Jahren kreieren a heavyweight mix of reggae, old school dub with a vibrant brass-driven trip - they skank like a mouthful of liquorice allsorts”. Hört man sich das neue Album "Visions In Sonic Sense" an, kann man viel mehr entdecken und mit Reggae hat das sicherlich, mit Dub aber umso mehr zu tun. Zu vielseitig ist das, was uns GIZZY D, SNAPPER J und KITTY B erneut vorlegen - typisch britisch mag man da denken und an die Sounds aus Bristol Anfang/Mitte der 90er Jahre zurück denken. Wieder einmal eine Band, die sich erfreulicherweise Schubladenzuordnungen entzieht. Sie wollen "herausfordernde und zugleich zugängliche" Musik erschaffen, sagt GIZZY D. Das gelingt ihnen auch - nur Puristen werden nicht so verzückt sein. Reggae taucht auf, so z.B. beim "Need A Leader Dub" und bei "Political Patsy", einem der stärksten Tracks auf dem Album. Auch Gäste, wie z.B. MC ISHU (der u.a. bei MUNGO'S HIFI und dem MANASSEH SOUNDSYSTEM sein Brot verdient), mögen aus der Reggaewelt entstammen... dennoch: die Flavours bleiben, wie bei den oben zitierten Lakritzen, bunt. Und so geht es zum Beispiel bei "Soul Crew" in Richtung Ambient mit House-Touch und definitiv eher in Richtung Club. "Reflections", unmittelbar folgend, lädt den Hörer zum Chillen ein, um sich danach mit einem sanften Skank wieder in Richtung Tanzfläche oder Coctailbar zu bewegen. Das seien nur ein paar Beispiele. Analogue Mindfield gehen eklektisch, oft überraschend und immer bunt ans Werk. Dabei gelingt ihnen ein erfrischender Mix. "Visions In Sonic Sense" passt daher voll in das Programm des ungewöhnlichen Labels Malicious Damage aus dem United Kingdom.

Karsten Frehe

aquanistan
ANIMA SOUND SYSTEM

(not released in Germany/Worldwide, EMI Hungary) (2003)

ANIMA SOUND SYSTEM sind durch die oben beschriebene Situation Ungarns bestgehütetes Pop-Geheimnis. Wie MASSIVE ATTACK lieben sie engagierten Pop, edel gestaltete Crossovers unterschiedlicher Art, eben auch into Dub. Sie sind sehr linksengagiert, denken international, der Titel dieser aktuellen LP ist ein Wortspiel aus Afghanistan und 'aqua', der Befürchtung von zukünftigen 'Wasserkriegen' im nahen Osten angesichts einer dort rapide wachsenden Bevölkerung.

Auf dem größten europäischen Festival überhaupt, dem Sziget-Festival, spielen sie jährlich regelmäßig auf der Hauptbühne auf und haben dadurch international Fans gewonnen.
Die extraordinäre Kraft von 'aquanistan' ist wundervoll, hier paart sich ein aufregendes, phantasiereiches Songmaterial mit phantastischem Studiomaterial.

Freilich wird die Chance, in Ungarn Pop-Darling zu sein, nicht mit stetigen Dubs durchbrochen. Der Ausklang-Track 'muezzin in party' wird dann aber doch zum Registerziehen der Lust der Band ob ihrer Drum´N Bass und Dub-Einflüsse, magjarisch wirkender Gitarren-Akkorde und Kontrasten westlich-populärer mit magischer arabischer Tonalität. Ohne diesen Track würde dieser Release wohl nicht hier stehen, er ist eine geniale Dub-Phantasie und groovt enorm.

mutiny on the ship  
upload/download
ANIMA SOUND SYSTEM

(www.animasoundsystem.com) (March 2008)

mutiny on the ship (live dcd)

"Mutiny on the ship" is an overwhelming live-presentation of this great live dubbing band at a Budapest houseboat club on the riverside of the Danube. Eighteen tracks with a playtime of 82:13. The MCs of the band seem to be captured in their best moods, drums, guitars, dubs, melodies, a reel musical happening starts from the beginning. 'Police & thieves' as a charming version of the Jamaican classic known by the clash works even fine as their 'po drom' and 'travel with cimbalom' with the east-europan folklore heart, the second with the affirmation to fight for your rights. 'Verbal catapult' plays with charming oriental melodies and fantastic drum dubs. 
After a soulful presentation of their female MC on 'come' and 'mamo', 'power of joy' (track 9) comes with an strong maintheme, an 'oygene'-sample of JEAN-MICHEL JARRE, their hedonistic highlight with the manifesto "to love somebody is loving anybody" running faster than blood and lower as tears - believe it or not!
Seven of the now following nine tracks are live-versions of their last hardware-release "we strike", including a brilliant version of BOB MARLEY´s revolution. 
Please give me a notice, if any production of a live-dubmusic cd in history is more powerful and musically better than these stuff - since DUB SYNDICATE´s presentation on 'live at the t+c 1991", release sixteen years before. Believe it or not!

upload / download (remix cd)

A very much stronger remix-cd than many of them before I had to listen too, comments by numbers:
01. get up (Hortator animaxmix)
heavy and spacey drum dubs, nonchalant, soundship far away from original
02. bujdosó (Transglobal Underground remix)
trance version, really near to the original, a reespect version
03. colours (Fine cut bodies remix)
an "insects & pills"-version, but female file in the centre, ugly rap
04. shalom (Pozvakowski version)
shoegazing in the mist, as SPIRITUALIZED gets caught by Brooklyn dub, gets in the end conducted by a jazzy beat- and melody- destroying person, wow! Take no burgers while hearing...
05. but gindura (DJ Rocksteady remix)
stereotype mix, original voices warming, world music partyzone...
06. world at war (Tigrics 'or just and you mix')
concrete fears of war in a drum'n bass-progressive, excellent track!
07. eleg volt (anorganic track); 08. revolution (dub)
dub homeworks of ASS, both brilliant and styleee!
09. '68 (De Phazz old Style Dub)
for many german dub fans the first contact with the band, first released on KING SIZE DUB 8 in 2002, charming and one of the best tracks of this sampler
10. more fire (Cathead Remix)
Electro-Punk-HipHop, aia-aia-aia, love faia burn hia, na ja
11. trubul ek vorba (Jutast 'Betyárvizit remix)
breezy oriental dubstepper, happy & fat drive
12. eleg volt (Dubcity Fanaticz 'stop it' version)
the hip-hop daughter in dub of ASS, but lame version, I know them really better
13. we strike (Kim Cascone spectaclemix)
sounds like a command to dark all houses before a war attack, music for a horror film

Fulminant, fat, appealing, great sounds... fine works!

BG

You can download both albums from the mainpage of www.animasoundsystem.com



dub-aroma of the season autumn 2005
deutsche grammophon recomposed by
MATTHIAS ARFMANN

(Deutsche Grammophon/Universal) (29.08.2005)

Weltpremiere einer völlig neuen Fusion! Der niedersächsische Dub-Produzent und Musiker MATTHIAS ARFMANN bekam von der Deutschen Grammophon den Auftrag, Aufnahmen des Dirigenten HERBERT von KARAJAN dubtechnisch zu bearbeiten und mit Neueinspielungen zu versehen. Ein verwegenes Unterfangen!

Bereits vor der Veröffentlichung unternahmen KARAJANs Nachlassverwalter alle Anstrengungen, diese Veröffentlichung gerichtlich zu stoppen. ARFMANN fuhr jedoch mit seinen abgeschlossenen Aufnahmen nach Berlin und spielte sie dem BERLINER SINFONIEORCHESTER vor, das einst von KARAJAN geleitet wurde. Die Aufnahmen wurden dort sehr gelobt und der VÖ stand von da an nichts mehr im Wege.

Die Wahl ARFMANNs für ein solches Projekt war sicher die Beste. Der Mann hinter TURTLE BAY COUNTRY CLUB ist klassich ausgebildet, seine Dub-Einspielungen sind überwiegend hell, klar und transparent getunt.  ARFMANNs Dub-Clarity macht ihn in der Dub-Gemeinde deshalb auch umstritten.

Er beschränkte sich auf frühe Aufnahmen KARAJANs um 1970, die noch von Grundrauschen begleitet werden, aber in ihrer Tonabnahme einen besonderen Charme in sich tragen. Vielleicht hat er sich damit zu sehr eingeschränkt; er hätte noch besser danach wählen sollen, welche Werke sich zum Dubben eignen. 

So wirkt gerade der Opener, 'sheherazade' eher aufgesetzt, konstruiert und zu zaghaft, um den Hörer von Beginn an in eine Zwischenwelt von Dub und Klassik zu ziehen. Vielleicht eine Herzensangelegenheit?
Doch um wieviel besser fällt das Ergebnis zu '1. Mars, the bringer of war: allegro' aus dem Planetenreigen von HOLST aus, wo das Pathetische des Originals ein prima Dialogspiel mit der Neueinspielung erfährt. Auch die beiden folgenden Tracks, zu DVORAKs Neunter "from the new world" mit Satzfetzen von ONEJIRU über die Unsicherheit der Zukunft einer wie auch immer 'neuen Welt' und ein zauberhaft dubby in den Reggae übertragendes Moldau-Thema ('má vlast:vitava, SMETANA) machen das Interesse wieder hellwach. 
Das unentschieden Schunkelnde, im Ergebnis wenig Sinn machende '1. allegro moderato' aus SCHUBERTs Unvollendeter stellt doch wieder die Frage nach dem eigentlichen Sinn der Bearbeitung dieses Stückes.

In fünf Einspielungen erscheint eine korrespondierende Kraft zwischen Dub und Klassik recht gelungen, in den anderen sechs Fällen sind es dann doch eher Kollagen geworden, die keiner Seite wehtun.

Bizarre Begegnungen und Kollagen mit brillanten Ideen - ARFMANN hat sich durchaus einiges einfallen lassen für seine Pionierarbeit, die irgendwie vom Feinsten ist, die aber auch nicht wirklich beißt und kratzt, staubt und schmutzt, wie guter Dub-Reggae nach Arbeit riecht und Erlösung anstrebt. 

Mehr spielerischer Dialog, wie er so prächtig im Mars-Thema von HOLST gelungen ist, wäre besser gewesen, mehr dubtypisches rein und raus, als in vielen Einspielungen ein Nebeneinander pluckern zu lassen, mehr Dubs hätten fliegen können...

So hat sich ARFMANN bei den kraftvolleren Themen viel getraut, bei den zarteren weniger. Doch gerade hier hätten Dub-Techniken des 21. Jhdts. auf die musikalische Beschaulichkeit des 19. Jhdts. (wie sie einst in höheren Kreisen goutiert wurde) entschiedener reagieren sollen. 
In einer Zeit, in der aktive Menschen permanent mit Arbeitsplatz- und Partnerverlust rechnen müssen, in der Neoliberalismus tief in die sinnlichen Vertrauensverhältnisse von Menschen hineinwirkt, sollte man beispielsweise zu einem SCHUBERT-Thema nicht schunkeln. Es sollte in Frage gestellt werden. Es sollte voll nach vorne gemischt werden, um es hinterrücks zu zerfetzen und in den Äther abzuschicken, und es freilich Sekunden später, als wäre nichts geschehen, wieder aufzunehmen: Das schöne, zärtliche Thema! 
Vertrauensverhältnisse? Befinden sich in der Waschmaschine! 
    
Die wenigen motzigen, altmodisch wirkenden E-Gitarren-Licks hätte man ganz weglassen sollen, sie erinnern nur unnötig an die Klassik-Rock Begegnungen der 1970er Jahre.

Trotz aller Einwände ein mutiges, einzigartiges, herzhaftes Werk!

Die CD ist sowohl als Einzel-CD als auch als Doppel-CD, die auch die Originaleinspielungen enthält, erhältlich. 

Lassen wir uns überraschen: MATTHIAS ARFMANN hat weitere Aufträge bekommen und wird mit einem Recomposing-Projekt auf Tour gehen. 

Sehr interessant: JIMI TENOR und APHEX TWIN haben ebenfalls Recomposingaufträge von der Deutschen Grammophon erhalten...

    

Dub-Aroma of the season autumn 2007

 

walkin´target
ASHTECH

(Interchill/H'ART) (08.06.2007)

This extraordinary debut album 'walkin' target' is a semi-conceptual release by dub artist ASHTECH from London. A bass players concept to seek his own "dub side of the moon", about primal fears, everyday life racism, love and affection between trust and distrust and some social criticism. 

Strong rhythms and arrangements, deep basses and excellent samples lead this danceable dub-album in a tense of rootical riddims and urban electronica into a dark and deep place. A fulminant fantasy work about a megacity with residents acting between hope, lust and fear of existence, a work that could be called post-expressionistic, comparable with best works of LEFTFIELD and BILL LASWELL in dub. 

On four tracks MC CHESHIRE CAT, known from LEFTFIELDs records, made a very good job on 'walkin' target', mostly caught in a two tone style. He sounds like he speaks per megaphone in an impressive, protesting attitude. 
The album is produced by GAUDI, who also works as co-writer and -arranger on the album.

In contrast and tense to the title, 'walkin' target' don't want to "shock" - the record is fitted with a curious sociability in our times of anti-enlightenment, brutality and depression too - a reason everyone can make it's own rhyme on this brillant as strong fools play!

BG


Asian Dub - community big.jpg (19968 Byte) community music
ASIAN DUB FOUNDATION

(London Records/Warner) (2000)

Eine irre Geschichte: In einem Workshop in den Suburbs von London, in denen neben Kreativität auch Selbstbewusstsein und Respekt Jugendlicher gefördert werden soll, entwickelt sich eine Posse weit über ihre frühen Achtungserfolge auf regionalen Soundclashs hinaus. Das Projekt "Community Music", das sich vor allem um Jugendliche mit asiatischen Wurzeln kümmert, findet mit Asian Dub Foundation ihre exaltiertesten Vertreter, die mit Leichthändigkeit asiatische Einflüsse mit Dancehall-Reggaemuffin, Punk und Pop-Einschüben und dem Dub-Reggae der Soundsystems verweben und einen völlig neuen Sound kreieren.

Am Anfang Ihrer Karriere schauten sie noch ein wenig scheu, ein wenig stolz zugleich vor den TV-Kameras aus, deren Teams im Kulturfernsehen ein geglücktes Sozialisationsprojekt vorzeigen konnten. Das änderte sich rasch, als asiatische Jugendliche in London 1997 selbstbewusst, organisiert und drastisch auf Ihre Lebensumstände und Unterdrückung aus der Straße hinwiesen. Die politisch aggressiven Statements der Band mittels erlebter Frustrationen, ihre Authentizität und Unmittelbarkeit machte sie zum Sprachrohr der vertretenen Jugendlichen und auch zum Mittler. Die Energie ihrer Statements und der Einfluss der Band auf ihre Gemeinde ist durchaus mit dem von THE CLASH auf weiße Jugendliche zu deren Zeit vergleichbar.

"Community music" ist als LP-Titel ihres vierten Albums eine Reminiszenz an die Idee des eingangs beschriebenen Projekts und Programm. Die politische Radikalität der Band ist hier nicht mehr allein dominierendes Statement. Neu ist eine klare pazifistische Einstellung - in "committed to life" sind die gesampleten,   ausführlichen Words von ASSATA SHAKUR ein hautnahes Erlebnis. Den Zahn der Aggressivität läßt die Band aber immer noch kräftig löcken.

Im Vergleich zu den Vorgängern ist "community music" phantasievoller und vielfältiger und pusht den Hörer durch kräftig vibrierende Dancehall-Beats, indische Streicherarrangements, wuchtige Bässe, krass am Mixer geschnittene Gitarren und verrückt hereinfliegende Samples. Ein fulminantes Album.

adfenemy.jpg (20563 Byte)   enemy of the enemy
ASIAN DUB FOUNDATION

(Labels/Virgin-EMI) (03.02.2003)

Musikalische Rebellion mit politischen Statements braucht Positionierung, Ziel und Style. Das neue Album der ASIAN DUB FOUNDATION ist zwar - wieder einmal - randvoll mit dialektischer Phantasie, Riddims und Charme, zerrt aber in alle Himmelsrichtungen.

Mit den effizienten Vorstadtrebellionen, die Jugendliche mit ethnisch asiatischem Hintergrund in England Mitte der 90er entfachten, verschafften sich diese endlich eine gesellschaftliche Wahrnehmung, wie schwarze Jugendliche mit karibischem Hintergrund bereits viele Jahre zuvor. Die Tradition enger Familienbindungen und -kodexe verhinderte bis dahin die Ausprägung einer asiatisch-bestimmten jugendlichen Subkultur.
Die ASIAN DUB FOUNDATION gestalteten damals mit Ihren Sounds und Texten den passenden musikalischen Soundtrack.

ASIAN DUB FOUNDATION brachten 2000 mit "community music" ihre Statements in puncto Gewaltfreiheit auf den Punkt . Im Vergleich zu den heftigen Frühwerken der Band kam die Platte auch äußerst facettenreich in ihrer musikalischen Gestaltung rüber. Die Zunahme der Vielfalt geistiger und musikalischer Einflüsse verriet Experimentierfreude und den Geist einer neuen Positionierung.
Auf "Enemy of the enemy" sind diese Akzente eher gefällig geworden. Dancehall-, Ragga- und Hiphopsounds - in den BEASTIE BOYS haben sie große Fürsprecher - geben sich zunächst die Hand. Zwischendurch eine elegische poppige Dubgeschichte mit SINEAD O´CONNOR am Mikro: bizarr schön, melancholisch, aber irgendwie fremd im Werk...

Ncht von ungefähr erinnern ADF gelegentlich an die einst großen URBAN DANCE SQUAD aus Amsterdam. Die waren ebenfalls ein Kollektiv mit einer Vielzahl an musikalischen Einflüssen. Live verblüfften sie routiniert hr Publikum stets aufs Neue mit unglaublicher Intensivität, Tiefe und rhythmischer Härte, gingen jedoch im Studio zu viele Kompromisse ein und verloren ihren Style schließlich ganz.

Zunächst erscheint es so, als haben ASIAN DUB FOUNDATION ihr Anliegen, mit morgenländisch und indisch orientierten musikalischen Impressionen ein Gegengewicht zu amerikanisch-jamaikanischen Styles zu schaffen, fast aufgegeben. Doch in der zweiten Hälfte der CD fliessen vermehrt entsprechende Töne ein. Und, endlich, sind sie auf 'power to the small massive' (Track 8) so, wie wir sie mögen. Großartige Percussion(samples) auf dem folgenden, noch besseren, supigutgelaunten 'dhol rinse' (whoa: Referenz!) und im rhythmisch hochinteressanten 'basta'. 'Cyberabad' bietet ein typisch indisches Sing-A-Song (schöne Frauenstimme), kommt aber wiederum seehr schleppend. Der Titelsong, der die Boshaftigkeit amerikanischer Nahost-Politik zynisch karikiert, schließt die CD ab. 

An den Reglern saß ADRIAN SHERWOOD, der auf dem aggressiven 'la haine' wie dem ausgezeichnet mexikanisch? gerappten "19 rebellions" ein paar interessante Manipulationen bereit- und sich ansonsten zurückhält. Sein Beitrag ist vor allem die erwähnte SINEAD O´CONNOR-Nummer "1000 mirrors", die komplett seiner Soundküche (bis auf ein ADF-Sample gegen Ende des Tracks) zu entstammen scheint.

  keep banging the walls - live
ASIAN DUB FOUDATION

(
Labels/Virgin-EMI) (27.10.2003)

Dokument eines fulminanten Live-Auftritts am 7.7.2003 in Belfort/Frankreich. 
Viele Stückzahlen wird die aktuelle Live-CD der ASIAN DUB FOUNDATION wahrscheinlich nicht verkaufen. Warum? Das ganze Spektakel gibt es mit zwei Videos zu den Songs 'fortress europe' und '1000 mirrors', drei Bonus-Livetracks (Rockpalast, Paleo-Festival Schweiz), zwei Bildergalerien und einer Dokumentation mit Bandstatements für nur rund fünf Schleifen mehr visuell auf DVD.

Von den großartigen Live-Performances der mittlerweile seit zehn Jahren existierenden Band konnte sich inzwischen jeder selber überzeugen, es ist auch genügend darüber geschrieben worden. Bleibt also nur festzustellen, dass ADF einen stimmungsmässig sehr guten Gig soundtechnisch und visuell perfekt eingefangen haben. Rundum eine Empfehlung, für Fans ein absolutes Muss! 

tank
ASIAN DUB FOUNDATION

(Labels/EMI) (28.02.2005)

Mit einem energiegeladenen, politisch verwegenem Album melden sich ASIAN DUB FOUNDATION zurück. Ein doppeldeutiger Titel: 'Tank' bedeutet sowohl Panzer wie auch den Treibstoff desselben. Wie auf dem Vorgänger-Album 'enemy of the enemy' arbeitet die Band auch diesmal mit wechselnden Gastsängern und -rappern.

Die Gesangsparts wurden zum größten Teil von der On-U Sound-Entdeckung GHETTO PRIEST eingesungen, auch HORACE ANDY ist in 'tomorrow begins today' einmal zu hören. Für die Raps ist weitgehend MC SPEX zuständig - leider gibt die Promo-CD keinen Aufschluss über Track-Line-Up, Komponisten und Texte - es ist doch interessant, ob die vocalists ihre Texte mitgebracht oder sie von der Band vorgelegt bekommen haben; auch das Info beschäftigt sich weitaus mehr mit der Bandentwicklung als mit der aktuellen LP.  

Auch 'tank' ist wie beide Vorgängeralben eine Demonstration an Vielfalt von Einflüssen, die ADF verarbeiten - so sind sie eher ein demokratisches Projekt, bei denen jedes Mitglied seine Vorstellungen mal mehr, mal weniger einbringt, als die an einem Strang ziehende Band. Opener und Auskopplung 'fly over' vereinigt das Typische der Band am Konzentriertesten: durchgedrehte, Tempo machende Beat-Box, prima Wechselspiele zwischen Gesang und Rap, die wortreiche Schlagfertigkeit eines politischen Aktivismus mit einem hitverdächtigen musikalischen Thema, ebenso auch 'oil' - in dem HipHop auf Rockgitarren treffen, das mit Flöten und waberndem Synthi ausgefadet wird.
Die krassen Gegensätze als faszinierendes musikalisches Spiel: Sie bezeichnen den Kulturclash von Migranten in Industrieländern, ihre Offenheit frei von Dogmen, wenn sie sich auf das Spiel mit den Kulturen einlassen. In ihren politischen Aussagen steht die Band zwar klar für internationale Fairness und Pazifismus gegen einen Kapitalismus, der seine Ausbeutungsstrategie und Kriege in Ländern der dritten Welt austrägt, sie bleibt in ihren Aussagen, die eine düstere Zukunft interpretieren 'when you hear the marching drum, you know the government bloods of the sun' jedoch weitgehend vage. 

Es ist schade um deutlichere Töne von ADF, die einst für einen englischen Migranten, der sich bei einem rassistischen Angriff verteidigte und des Mordes für schuldig befunden wurde, eine Kampagne startete, durch deren Hilfe der Fall sich zu einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit entwickelte. Die Person wurde nach Wiederaufnahme des Verfahrens übrigens frei gesprochen. Ähnlich vakante Fälle gibt es international zuhauf; so zehrt die Band gegenwärtig eher von ihrem (links)politischen Image als dass sie ihm konkreteren Ausdruck verleiht.
Das Gesicht eines integrierten Vocalisten stünde der Band nicht schlecht. GHETTO PRIEST und MC SPEX geben dem Album zwar ausgezeichnete Noten und Flair bei, doch ersterer ist eher zu sanft und letzterer füllt den Nimbus seines Vorgängers MC DEEDAR ZAMAN nicht überzeugend aus.

Auch diesmal steht ein Track wieder quer im Album: War es auf 'enemy to the enemy' das von SINEAD O´CONNOR vorgetragene '1000 mirrors' über eheliche Gewalt, so ist es hier 'tomorrow begins today' von HORACE ANDY, sehr sanft, sehr 'reggae', ein wundervoller Appell an Zivilcourage. 
Bewege Dich, mische Dich ein, suche nach Antworten auf gesellschaftliche Fragen - was der gelegentliche Sarkasmus und die ADF-typische, auf jugendlich getrimmte Kraft des Albums nicht immer deutlich machen, hier wird seine zentrale Botschaft gar väterlich ausgesprochen. 

Das Album endet mit dem anschließenden 'melody 7': die Improvisation wirkt wie eine aus den frühen 1970er Jahren zugereiste psychedelische Meditation.     

Audio Active-apollo.jpg (12800 Byte) apollo choco
AUDIO ACTIVE
(On-U Sound/EfA) (1997)

Seinerzeits ist "apollo choco" von manchen Kritikern oberflächlich als sich anspruchsvoll gebärdendes, aber letztlich doch Aussagen schuldig bleibendes Science-Fiction-Dub-Album für Gras- und Schokogenießer abgehakt worden. Inzwischen ist die Platte, bei den zugegeben in manchen Tracks nicht immer überzeugenden Roh-Einspielungen der japanischen Band, zumindest aber unter den Fittichen ADRIAN SHERWOODs, der hier brilliant und aggressiv experimentierend sich an Diskursen der Zeit zu reiben suchte, mit den Jahren doch aufgewertet worden.

Der artsige Dekonstruktivismus und Destruktivitätswillen auf "apollo choco" mag manchen sensiblen Zeitgenossen unter uns gar an Futurismus gemahnen, und auch manchmal in seiner zunächst empfundenen Formlosigkeit beliebig und zu übertrieben klingen. Doch hier geht summa summarum die virtuelle Post in den Weltraum ab.
Was AUDIO ACTIVE sich mit ADRIAN SHERWOOD da gemeinsam ausgedacht haben - vergleicht mal die jüngeren Veröffentlichungen der Band damit - rückt in seiner rhythmischen Härte und strukturellen Konsequenz in die Nähe zu MARK STEWARTs 80er-Alben. Als dancefloortauglich erweisen sich die megacool abgreifenden Grooves in "weed specialist" und "citizen zombie". "Coolness in my foolishness" lächelt einen von der Seite an. Der Rest wirkt ein wenig versteinert in konzeptionellen Gebirgen ob der reichhaltigen rhythmischen Spielereien und erschließt sich nur dem konzentrierten Zuhörer. Das Raumschiff taucht in die konzentrierten Welten der Gameplayer, des Drum ´N Bass und des Techno Dub tief ein.

So ist "apollo choco" eine spielerisch-geniale Umschreibung der Fallstricke der Gegenwart, nicht in der Beschreibung gesellschaftlicher Zustände, sondern des sich selbst Verlierens. Immer neu blitzen keck faszinierende Themen und Brüche auf, die nur in der Minderzahl zu Ende gedacht und musikalisch aufgelöst werden. "Apollo choco" ist die letzte große "Grelle" von On-U Sound.

 

like river to ocean
AVATAR

(Eigenlabel/Import) (13.10.2009)
massafat
AZZDDINE with BILL LASWELL

(Barraka/Broken Silence) (23.08.2004)

Marokkanische Musik in Dub ist, wie auf 'massafat', durchaus keine selbstverständliche Angelegenheit, ja vielleicht sogar ein Novum. 
Diese Veröffentlichung ist aber in vieler Hinsicht - nicht nur, dass sie an Dubs reichhaltiger als eine MASSIVE ATTACK-Produktion ist - ein musikalisches Phänomen: Sie ist die vielleicht bisher brillanteste Verbindung marokkanischer mit international zeitgenössischer Popmusik. Nicht zuletzt die Wahrwerdung eines Traums, den junge Musiker weltweit hegen: Die Einsendung eines Tapes an eine passende Plattenfirma und der Erfolg des Signings.

Eine sympathische Geschichte: "Auch wenn die Tonqualität wohl die schlechteste war, die wir je gehört hatten, konnte man eine von weitem erkennbare Schönheit und Dynamik wahrnehmen. Das Tape war von AZZDDINE OUHNINE, Komponist und Oud-Spieler, blind seit seiner Kindheit, direkt aus Salé-Rabat, Hauptstadt des Königreichs Marokko. Nach zwei angehörten Songs war die Entscheidung gefallen. Wir mussten was zusammen realisieren." (Labelinfo)

Zunächst war ein ganzes Orchester (15 Musiker) mit der Einspielung der Aufnahmen verständigt worden. Die Crew zeigte sich hochmotiviert, aber ohne die gewünschten technischen Standards abzusichern schafften es lediglich zwei (Tracks 6+12) der Aufnahmen auf die Produktion - sie blieben auch die traditionell gehaltendsten des Albums. Die restlichen Songs wurden mit einen fünfköpfigen Team eingespielt, deren Ergebnis sehr zufrieden stellte, doch eine bassige Erdung der Aufnahmen fehlte noch - und eine synthetische sollte es ob der Tiefe der Songs nicht sein. So kam man auf die fast schon verwegene Idee, BILL LASWELL anzufragen, ob er bei Übersendung von zehn Tracks zu vielleicht zweien kräftig groovende Basslines einspielen könne. Bereits eine Woche später übersendete Laswell acht der zehn Songs bassunterlegt zurück: Mit einer gleichermaßen verblüffenden Selbstverständlichkeit im Umgang mit arabischer Musik wie seiner gewohnten Präzision. Denn hier stimmt jede Bassnote, jede Betonung, als habe er sich gerade gewünscht, eine passende Produktion aus der arabischen Welt zu unterstützen. Seine Begeisterung für die Aufnahmen ist seinem Spiel anzumerken, sie geben ihnen exakt die Kraft, die sich die Producer des Albums gewünscht haben. 

Der Opener beginnt eher traditionell, zieht aber mit prima aufgelegten Streichern kräftig an. Nach der Hälfte schweben bereits die ersten Dubs ein, als sei Dub-Music in der arabischen Welt selbstverständlich. 'Britou' kommt mit massiv Rap und Vocoder in französisch, eine kesse Variante von Erfahrungen arabischstämmiger Jugendlicher in Frankreich, auch ein textliches Wechselspiel des Nachwuchsrappers BOUALEM mit AZZDDINE. 
Das wie eine Wüstenvision betont elegische, wunderbar von YOUSSEF EL MAJJAD besungene 'ana ou enta' überschreitet ähnliche europäisch produzierte Chill Out-Tracks an Authentizität und Kraft um ein gutes Maß. 'Takassim' kommt instrumental und erinnert mich sehr an kaukasische Folklore sowie an die Musik des filmischen Meisterwerks 'Vor dem Regen'. Marokkanisch durchdrungener und folkloristischer sind die nun folgenden Stücke 5-8, das neunte 'koun shaqiqi' ist völlig spacey abgefahren mit wie eingesampelt wirkenden, weiblichen Sirenenstimmen, das folgende 'goa rozali' eine freche Aufnahme des Themas eines KLF-Erfolgs, doch 'massafat' ist noch lange nicht zu Ende.

Alle Kompositionen sind von AZZDDINE OUHNINE, in Zusammenarbeit mit PAT JABBAR, wenns um die Modernisierung ging. Ein solch wunderbares Werk hat sich AZZDDINE ob der Einspielung seiner kraftvollen Songs für einen Tonträger wohl kaum vorgestellt. 
Hier haben sich raffiniert Kräfte zu einenm begnadeten Oud-Spieler wie Sänger gefunden, die wundervoll ein Album zwischen marokkanischen Traditionals und Authentizität, arabischer Popmusik voller erotischer Anspielungen und topaktuellen westlichen Produktions- und Musikstandards eingespielt haben.
Ich halte 'massafat' für die bislang modernste in einem moslemischen Land eingespielte Musikproduktion aus der Sicht eines Dub-Fans. 
 
     
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