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Dubblestandart
Besetzung:
Paul Zasky - bass, keys, progr.
Ali Tersch - drums, bass, keys, progr.
Robbie Ost - drums, keys, progr.
Johannes Paul Heilig - guitars
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"Propheten
in der Heimat"
- Ein
Wiener Interview mit Paul Zasky von
Dubblestandart
Wien - Hauptstadt des Dub für Kontinental-Europa.
Zahlreiche dort residierende Musiker der Down- und Breakbeat-, der
Electronica- und Ambient-Szene wirken mit Vorliebe Dubstyles in ihre Musik
ein. Doch eine Wiener Band allein widmet sich ganz und gar der
zeitgenössischen Dub-Music: DUBBLESTANDART. Gegründet 1988, veröffentlichen sie nach einiger Vorlaufzeit und Experimentiertum seit
1994 eigene Tonträger und fanden Anfang des neuen Jahrtausends in NICOLAI
BEVERUNGEN einen international arbeitetenden Verleger und Protegen.
Die bekennenden Fans des On-U Sound-Labels arbeiteten seitdem mit
Dub-Größen wie LEE PERRY, MAD PROFESSOR, SLY & ROBBIE und ROOTSMAN
zusammen, lernten die Macher des Tuff Gong-Studios (Kingston, JAM)
kennen, mit denen sie sich in Wort und Werk austauschten. Ihre
Interpretationen des Dub sind urban, kraftvoll und leidenschaftlich - was
ihre Fans lieben, ist für manch andere Dub-Fans eher etwas zu grell und cool. Auf ihrem neuen Album
"immigration dub" finden sich jedoch Hinwendungen zu Roots- und melodischen Gesangsthemen.
Johannes Luxner hat den Wortführer von DUBBLESTANDART, Paul Zasky, anlässlich
ihres Moving-Patterns-Gastpiels in New York interviewt. BG
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DUBBLESTANDART-Discography
longplayers:
vienna dub melange
(1996, Swound Park Prod./Austria)
vibes of this reality
(1997, GECO Tonwaren/Austria)
sounds from euroland
(1999, GECO Tonwaren/Austria)
streets of dub
(2002, Select Cuts/Indigo)
heavy heavy monster dub
(2004, Echo Beach/Indigo)
are you experienced
(2006, Collision/Groove Attack)
immigration dub
(2007, Collision/Groove Attack)
eps/maxis:
egalica
(1994, Gig Records/Austria)
dubblestandart sound is in the air
(1995, Gig Records/Austria)
ruffrider
(1998, GECO Tonwaren/Austria)
playerhater
(2001, Fabrique Records/Austria)
10 tons of dope (feat. Dillinger)
(2002, Select Cuts/Indigo)
heavy heavy monster dub (12")
(2003, Select Cuts/Indigo)
kung fu fighting (feat. C. Douglas)
(2004, Select Cuts/Indigo)
when I fall in love/island girl
(2007, Collision/Groove Attack)
streets of dub
heavy heavy monster dub
are you experienced
immigration dub
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mica:
Dubblestandart widmen sich bereits seit
1988 dem Dub-Reggae. Wie war das damals, einen vermeintlich exotischen
Musikentwurf in einem wesentlich unmondäneren Wien als heute im
Bandformat zu bestreiten?
Paul Zasky:
Wir waren alle 17, 18 Jahre alt und man konnte sich mit der Musik gute
Scheinrealitäten aufbauen. Wir haben uns damals jener Soundästhetik
gewidmet, die On-U-Sound gemacht hat. Also eher die UK-Dub und
Reggae-Szene. Das war für uns das, wo wir immer hingeschaut haben. Aus
dem einfachen Grund heraus, dass uns alles, was damals in Österreich
entstanden ist, nicht gefallen und nicht interessiert hat. Ich kann mich gut
erinnern, dass das letzte, was ich aus Österreich gut fand, Dinge aus der
New-Wave-Zeit waren, ROSACHROME und diese Ecke. Das waren die
elektronischen, schrägen Sachen, die uns getaugt haben. Die Band ist
damals eigentlich aus einer Community heraus entstanden. Wir sind immer
gemeinsam abgehangen und haben Reggae gehört. Es gab damals zwei Brüder, die hatten im 13. Bezirk eine Wohnung und die beiden hatten alle
Reggae-Platten der Welt gehabt, aus welchem Grund auch immer. Dort haben
wir die ganze Zeit nur Reggae-Musik gehört. Und irgendwann haben wir
gesagt: Okay, wir machen eine Band. Wobei jeder von uns zu dieser Zeit
schon Musik gemacht hat. Ich habe damals mit MIND BLOW geprobt und dadurch
den Robbie und den Martin kennengelernt. So haben sich die Ur-Roots
ergeben. Wir sind das damals ganz pragmatisch angegangen. Und irgendwann
ist mal Techno gekommen und wir waren dann auch von Reggae-untypischen
Dingen beeinflusst: von der Energie des Techno, von elektronischer Musik
gemischt mit UK-Dub-Mustern. Das war so die Ursuppe, das Flair der frühen
1990er Jahre.
mica: Was genau war das Fesselnde an der On-U-Sound-Ästhetik?
Zasky:
Bei Reggae fangen ja alle bei PETER TOSH und BOB MARLEY an. Meine erste
Reggae-Platte war von SLY & ROBBIE, also instrumentale Dub-Riddims. Mir
hat die UK-Szene immer wesentlich mehr getaugt, weil die Beats wesentlich
urbaner und heftiger waren und ab und zu z.B. eine verzerrte Gitarre zu hören
war. Es hat alles mehr gedröhnt. Es war auch etwas tiefer als bei
jamaikanischen Produktionen. Was dahinter stand war die urbane
Legitimierung von Reggae-Music.
mica: Also Reggae minus Hippie?
Zasky: Ja.
Es war nicht alles so easy und chillout, sondern es war ein bisschen
heftiger. Irgendwann kam mal von On-U-Sound die Nummer „My life in a
hole in the ground”, was eigentlich eine Antwort auf eine BRIAN ENO-Nummer
war, die ADRIAN SHERWOOD als Afro-Dub-Version gemacht hat. In der Folge
habe ich mir alles von On-U-Sound gekauft. Die Platten hatten alle einen
klaren Sound, aber gleichzeitig mit einer solchen Dreckigkeit umgesetzt.
Überhaupt kein Gefühl von Rastafari und Jamaika. Das kam für mich erst
später und das hat schon was. ARI UP hat mal ziemlich gut gesagt:
„Reggae hat den Bass in den Rock gebracht. Und dadurch ist auch Punk
entstanden.“ Ich habe ja auch mit MARK STEWART produziert und wenn man
mit solchen Leuten redet, kommt man drauf, dass der ganze Punk, die SEX
PISTOLS, The CLASH, dieses ganze Punk- und Postpunk-Movement und
Dub-Reggae und On-U-Sound - das alles eines sei. Einfach die Art, wie die
Musik funktioniert: Gängige Strukturen aufbrechen - auch als politisches
Signal - das hast du alles im Dub. Das hat sich bei On-U-Sound perfekt
verdichtet.
mica: Ihr habt damals relativ bald mit LEE PERRY kooperiert.
Zasky: Es
war im Nachhinein gesehen easy. Damals hat unser Manager gemeint, wir
sollten was mit LEE PERRY machen. Er hat dann die Miriam, die Frau von LEE
PERRY angerufen, die gesagt hat: „Schickt doch mal ein Band rüber nach
Zürich.” Wir haben dann vier Nummern von ihm einstudiert und
eingeschickt: LEE PERRY hat gesagt, dass er es cool findet und ist für 14
Tage zu uns gekommen. Wir haben geprobt und ein paar Shows mit ihm
gespielt. Das war die Sache. Und bei aller Crazieness, die ihm nachgesagt
wird: Er weiß genau was er macht. Er ist abgehoben, das ist sein Job. Er
muss einfach LEE PERRY sein.
mica: Dann ging es ja ganz flott mit den
internationalen Kooperationen, bis hin zur Zusammenarbeit mit ARI UP auf
eurem neuen Album ...
Zasky:
Das war ein langer Weg bis dort hin. Wir haben ja mit Reggae, Elektronik
und Rock begonnen und dann von 1992-1995 eine Pop-Phase gehabt, in der DUBBLESTANDART
Ö3-affine Musik gespielt hat. Inklusive zwei Mal in der Hitparade und so
weiter. Aber das war ein kurzes Ding, weil wir gemerkt haben, das ist zwar
fein, aber nicht das, was wir eigentlich sind. Wir sind dann 1996-97 mit DILLINGER
getourt und haben dadurch wieder dorthin zurück gefunden, wo wir
eigentlich begonnen haben: Dub-Reggae in einer High-Energy-Variante
spielen, wo du auf den Alben auch Chillout-Sachen hast und eben
energiegeladene Sachen, aber auf einer anti-kommerziellen Ebene. So, wie
wir eben sind: Wir interessieren uns für Kunst, Menschen und die Natur.
Über DILLINGER habe ich damals auch DEVON DENTON kennengelernt, der
später unsere Verbindung nach Kingston war, wo wir auch mit SLY & ROBBIE
zusammengekommen sind. Das hat sich über die Jahre so ergeben. Du hängst
mit den Leuten ab und irgendwann traust du dich auch zu fragen, ob die
gemeinsam was machen wollen. Bei uns war auch nie viel Kohle vorhanden,
also haben wir immer auf Gentleman-Agreement gesagt: Wenn euch der Sound
taugt, dann machen wir was. Wenn nicht, dann vergiss es. Das hat sich von
Album zu Album weiter ergeben.
mica: Eure Presseinfo qualifiziert euch als Band mit Political
Awareness und Spirituality. Wie äußert sich das bei DUBBLESTANDART im
Konkreten?
Zasky: Wenn ich von Wien
ausgehe, hat es mich immer gestört, dass sich die elektronische
Musikszene unpolitisch gibt. Uns interessiert z.B. die Natur, aber auch
fragenstellende Themen: Was wäre warum wie? Oder wer was über wen sagt.
Was hinter der Musik steht. Bei DUBBLESTANDART war es immer so, dass wir
auch Actions haben, die nichts mit Musik zu tun haben, wo wir unsere Kohle
her haben: unsere Brotberufe. Wir wollen als Menschen dahinter stehen und
nicht etwa durch gewisse Trends beeinflusst sein. Wir machen unser Ding. Take
it or leave it. Dahinter steht aber auch ein sehr klarer Ansatz,
wie man mit Spiritualität umgeht. Wie man mit dem Geschlechterkampf
umgeht, wie man mit politischen Systemen umgeht. Es geht um Religionen und
Konfessionen. Ein klares Bekenntnis zu Wertigkeiten.
mica: Ihr spielt bald zwanzig Jahre miteinander. Gibt es da noch
Ziele, die man sich steckt?
Zasky: Ich befürchte, wir
sind relativ einfach gestrickt. Wir wollen immer nur wieder neue Musik
machen und neue Platten raus bringen. Und wir wollen überall auf dieser
Welt unsere Musik machen, aber genauso nach links und rechts schauen und
andere Projekte machen. Ich möchte ein Drehbuch schreiben und Filme
machen. Der Robbie möchte das komplette neue DUBBLESTANDART Album
remixen. Ich möchte mit dem BILL LASWELL was machen oder ein Jahr in
Jamaika sein und einfach nur mit Musik zu tun haben. Was es bei uns ja nie
gab, war jemand, der sich ums Management, um die PR kümmert. Wir sind
immer nur mit der Musik beschäftigt. Und dann vergessen wir manchmal
drauf, Shows aufzustellen. Es kommt dann Gott sei Dank eh immer was
daher... Aber ich spür bei so vielen Leuten, dass ihnen diese Musik sehr
taugt. Weg von der Schnellatmigkeit der Welt. Das wird die Leute immer
interessieren.
mica: Euer Pressespiegel beinhaltet in erster Linie englisch- und
französischsprachige Reviews. In welcher Relation steht das
Internationale zur Heimat?
Zasky: In Österreich
sind wir non-present. Ich treffe manchmal Leute auf der Straße, die mich
fragen, ob wir diese DUBBLESTANDART-Band noch machen! In Österreich gibt
es zwar viele Leute, die uns kennen, aber medial sind wir nicht präsent.
Mir taugt aber Wien vor allem jetzt total. Wien ist eine scheiß coole
Stadt geworden in den letzten Jahren. Was ich immer über Wien gejammert
hab! Es gibt auch irrsinnig viele junge Leute hier, die nachkommen. Was
DUBBLESTANDART fehlt, ist, dass eine andere Generation bei den
Veranstaltern und den Medien säße. Sozusagen: DUBBLESTANDART kennen wir
von früher. That’s it. Einerseits tut es manchmal weh, andererseits
scheiß ich rauf. Weil wir die Musik machen, die uns taugt.
Das
Interview führte Johannes Luxner
Mit freundlicher
Genehmigung von www.mica.at
(music information center austria)
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